„Auch unter dem Überbegriff ‚Nazi‘ gibt es ja Schattierungen“
Heute wurden insgesamt drei Zeugen vernommen. Zwei von ihnen konnten zwar nichts Konkretes zum Brandanschlag in Saarlouis 1991 oder zu dem Treffen im „Bayerischen Hof“ am Vorabend beitragen, bestätigten aber erneut die herausragende Rolle des Angeklagten Peter St. in der Saarlouiser Nazi-Skinhead-Szene:
Oliver N., damals in der Naziszene in St. Ingbert und später bei „Blood and Honour“ Saarland aktiv, gab an, St. sei ihm bis heute als gefährlich, als Psychopath in Erinnerung, er sei klar der Chef der Szene in Saarlouis gewesen. Heiko Sch. habe nach seinem Ausstieg aus der Szene Angst vor körperlichen Repressalien durch St. gehabt, diese Angst konnte er nachvollziehen. Die Saarlouiser insgesamt seien ihm „zu stramm“ gewesen, auch unter dem „Überbegriff ‚Nazi‘“ gebe es ja Schattierungen, und da seien die eben sehr extrem gewesen. Er habe für sie einmal den Begriff „Mordbrenner“ verwendet, „als Metapher“. Zur Erinnerung: „Mordbrenner – Ihr gehört nicht zu uns!“ war auch der Titel eines Albums der Nazi-Band Störkraft, mit dem sich diese vermeintlich von der Nazi-Skinheadszene distanzierte – wegen mörderischer Brandanschläge.
Der Zeuge bestätigte auch Kontakte der Saarlouiser Szene nach Ostdeutschland, u.a. nach Sachsen. Der bei der Hausdurchsuchung bei Heiko S. gefundene Einladungsflyer zum Konzert von – genau: Störkraft –, das den pogromartigen Ausschreitungen in Leipzig-Grünau vorausging, sagte ihm allerdings konkret nichts.
Der zweite Zeuge, damals Mitglied der Saarlouiser Szene, bestätigte insbesondere die herausragende Rolle von Peter St. – dessen Name sei „der Oberbegriff für die rechte Szene in Saarlouis“ gewesen.
Der dritte Zeuge, Mitte der 1980er Mitglied der Saarlouiser Skinheadszene, machte durchaus detaillierte Angaben zum Treffen im „Bayerischen Hof“: Wie schon im Prozess gegen Peter Schlappal schilderte Jörg R., dass Markus M, damals wie heute NPD-Aktivist im Saarland, ihm letzten Sommer mitgeteilt habe, er, M., sei in der Kneipe dabei gewesen, als über die Tat gesprochen wurde. M. selbst ist für nächste Woche als Zeuge geladen, wird aber voraussichtlich, wie schon im Prozess gegen Schlappal, die Auskunft verweigern. Ob dann auf die Aussage des heutigen Zeugen viel gestützt werden kann, ist fraglich – sie fügt sich zwar insgesamt plausibel in das bisherige Gesamtbild zum Ablauf ein, ergänzt eben um die Anwesenheit des M in der Kneipe, und R. schilderte auch ein oder zwei originelle Details. Aber inwieweit er echte Erinnerungen wiedergab und inwieweit Vermutungen und im Internet Angelesenes, blieb unklar.
Den für morgen angesetzten Verhandlungstag hat das Gericht vor wenigen Tagen gestrichen. Die Verhandlung geht weiter nächsten Montag, 15.04.2024, ausnahmsweise erst um 13 Uhr.