„Die mit der Swastika waren direkt als Nazis zu erkennen. Aber die mit Haaren waren oft gleich schlimm, das war ein Täuschungsmanöver“
Der erste Zeuge heute war ein Pressefotograf aus Hoyerswerda, der als einziger die pogromartigen Ausschreitungen vor den Wohngebäuden für Vertragsarbeiter_innen und dann für Geflüchtete im September 1991 in Hoyerswerda von Anfang an fotografiert hatte. Aus seiner Aussage ergab sich eine klare Timeline: Dienstag, 17.09.1991 Beginn der Angriffe mit Steinwürfen aufs Haus, Mittwoch, 18.09. abends erste Würfe mit Molotowcocktails, Donnerstag, 19.09. erste Berichterstattung über Molotowcocktails in der Zeitung, davor auch keine Fernsehberichterstattung. Aus dem Fernsehen können die Saarlouiser Naziskins, die am Abend des 18.09.1991 im „Bayerischen Hof“ zusammensaßen, also wohl nicht von Molotowcocktail-Würfen in Hoyerswerda erfahren haben.
Gleichzeitig berichtete der Zeuge auch, dass nach seinen Informationen schon am Dienstag ein Nazi aus Westdeutschland zu Besuch gewesen war und dass ab Donnerstag auch viele Auswärtige an den Ausschreitungen teilnahmen – eine Information auch der Saarlouiser Szene, die ja auch über Kontakte nach Sachen verfügte, über Infotelefone ist also weiterhin möglich.
Wie dem auch sei: klar ist jedenfalls, dass am damaligen Montagabend auch die Monitor-Sendung über die Angriffe in Leipzig-Grünau Ende August 1991 im Fernsehen lief. Und die thematisierte Molotowcocktail-Würfe auf das Haus und endete mit einem Interview mit einer Protagonistin, die ankündigte, in ein paar Wochen überraschend wieder mit den Angriffen loszulegen in der Hoffnung, das Haus dann wirklich in Brand setzen zu können.
Auf den Hinweis, dass es für den Angeklagten Peter St. belastend sein dürfte, wenn es am 18.09. im Bayerischen Hof nicht um Hoyerswerda, sondern um Grünau ging – weil St.s „hier muss auch mal so was passieren“, muss „dem Sinn nach“ „etwas brennen“, gerade vor dem Hintergrund einer Diskussion zu Grünau als Aufforderung zu einem heimlichen Brandanschlag zu verstehen ist, reagierte Verteidiger Stahl heute recht angefasst.
Der zweite Zeuge, ein Überlebender des Anschlags in Saarlouis, berichtete zum einen von weit verbreitetem Rassismus, der ihm durchaus nicht nur von Nazi-Skins, sondern auch von anderen Menschen entgegenschlug. Er sparte auch nicht an Kritik an der damaligen Landespolitik, allen voran Oscar Lafontaine, etwa für dessen Aussage, die Geflüchteten seien ja nicht lange im Land, man solle sie nicht damit quälen, ihnen Deutsch beizubringen.
Der Zeuge berichtete auch davon, dass der Brandanschlag auf eine Unterkunft in Saarlouis-Roden wenige Wochen vor dem vom 19.9. in der Stadt durchaus Thema war und dass er in der Zeit zwischen beiden Anschlägen einmal in der Stadt einer Gruppe Skins begegnet war, die geäußert hatten, man sollte am besten „alle Ausländer verbrennen.“